KI-Tools im Arbeitsalltag: Drei Schreibhilfen im Test

Schreib, kleiner KI-Bot, schreib so schnell du kannst!

Jüngst landete eine Anfrage bei uns in der Agentur: „Wie verwendet ihr in der PR eigentlich KI?“ Die schnelle Antwort: „Mit Bedacht.“ Es ist Mumpitz, Künstliche Intelligenz nur zu nutzen, weil es gerade chic oder innovativ ist und man als Vorreiter gelten möchte. Sinnvoll ist dagegen, KI-Anwendungen gezielt einzusetzen, um Prozesse effizienter zu gestalten, die Produktivität zu steigern und so Kapazitäten freizusetzen. Insbesondere bei komplexen Aufgaben, etwa der Analyse großer Datenmengen, kann KI wertvolle Unterstützung leisten.

Da die Erstellung von Texten einen Großteil unserer täglichen Agentur-Arbeit ausmacht, habe ich drei KI-Tools getestet, die genau dabei helfen sollen: ChatGPT, DeepL Write und Jenni AI. Eine Übersicht mit weiteren aktuellen Tools für Journalisten hat F.A.S.-Redakteur Patrick Bernau hier zusammengestellt. Bevor wir uns allerdings genauer mit den Anwendungsmöglichkeiten und Risiken der betrachteten Helferlein beschäftigen, zunächst ein kleiner Exkurs zu generativer KI allgemein.

Generative KI – Was ist das?

Generative KI bezeichnet KI-Systeme, die eigenständig Texte, Bilder oder Audio- und Video-Erzeugnisse erstellen können. Auf Basis bereitgestellter oder frei zugänglicher Informationen lernen diese Systeme, Muster zu erkennen und daraus neue Inhalte zu erstellen. Die Ergebnisse sind mitunter kaum noch von menschengemachten Inhalten zu unterscheiden. Das birgt einerseits große Chancen, andererseits diverse Risiken von Urheberrechtsverletzungen über verschärfte Cyberrisiken bis hin zu Deep Fakes – lebensechten Videofälschungen.

Nutze ich GenAI-Tools beruflich, schätze ich vorher den Grad der Vertraulichkeit der einzugebenden Daten und Informationen ein. Handelt es sich um sensible Daten, haben diese in einem entsprechenden Eingabefeld nichts zu suchen. Denn üblicherweise trainiert jede Anfrage die Tools weiter – die Daten könnten also jederzeit in einem anderen Dialog mit Dritten wieder auftauchen. Zudem ist die rechtliche Situation in Sachen Urheberrecht nach wie vor nicht abschließend geklärt. Auch deshalb ist es ratsam, KI-Erzeugnisse nicht gedankenlos und unverändert zu nutzen.

Nun aber ohne weitere Umschweife meine Einschätzung zu ChatGPT, deepL Write und JenniAI.

ChatGPT – Der Platzhirsch

Wer hierzulande 2023 noch nie den Namen ChatGPT gehört hat, wohnt vermutlich irgendwo tief im Wald ohne Strom, Tageszeitung und Internetanschluss. Einen vergleichbaren medialen Triumphzug habe ich selbst bei der Einführung des iPhones nicht erlebt. Doch wie gut ist der KI-Chatbot von OpenAI nun wirklich?

Was sich als erstes im Test zeigte: Die kostenlose Variante ist regelmäßig stark ausgelastet und bietet ein sehr eingeschränktes Kontingent für Anfragen. Ohne Anmeldung sind das gerade einmal drei pro Tag. Der Dialog funktioniert in unterschiedlichen Sprachen, darunter etwa Englisch und Deutsch – letzteres klingt allerdings manchmal etwas hölzern. Wenn man auf die Schnelle akkurate Informationen benötigt, sollte man außerdem besser die Finger von ChatGPT lassen. Der Chatbot spuckt regelmäßig Falschinformationen aus.

Mein hauptsächlicher Nutzen für ChatGPT ist die kreative Unterstützung. Der Texteinstieg fällt schwer? Die Überschrift will einfach nicht aufs Papier? Dann können die Textvorschläge von ChatGPT möglicherweise die gedankliche Blockade lösen. Möchtest du einen Text zusammenfassen oder umformulieren, kann ChatGPT auch dabei helfen – wenn der Prompt entsprechend sorgfältig ausgearbeitet ist. Auch für Konzepte kann das Tool eine wertvolle Ressource sein, wenn man etwa bewährte Ansätze kurz zusammenfassen möchte. Ein Beispiel:

"Irgendwann", dachte sich Jean-Michel, die Musik-KI, "irgendwann werde ich ein berühmter New Age Synthiepop Komponist." Quelle: Possessed Photography auf Unsplash 

Der Prompt: 
Entwirf fünf Überschriften für einen Blogbeitrag über generative KI!

Das Ergebnis:

  1. "Die Zukunft der Kreativität: Wie generative KI die Kunstwelt revolutioniert"
  2. "Von Algorithmen und Inspiration: Wie generative KI neue kreative Möglichkeiten eröffnet"
  3. "Künstliche Intelligenz als kreative Partnerin: Wie generative KI unsere künstlerische Arbeit bereichert"
  4. "Von Picasso bis zur GAN: Eine Reise durch die Geschichte der generativen KI in der Kunst"
  5. "Die Macht des Zufalls: Wie generative KI unerwartete und faszinierende Ergebnisse hervorbringt"

 

Interessant, aber für diesen Beitrag unpassend. Also verfeinern wir:

Der verfeinerte Prompt: Stell dir vor, du bist ein Kommunikationsberater und schreibst einen Blogbeitrag zum Thema generative KI. Darin vergleichst du drei unterschiedliche Tools auf ihre Qualität und Potenzial zur Arbeitserleichterung. Entwirf fünf Überschriften für diesen Beitrag!

Das Ergebnis jetzt:

  1. "Generative KI: Die Zukunft der Kommunikation? Ein Vergleich von drei Tools"
  2. "Effizienter kommunizieren mit generativer KI: Ein Blick auf drei innovative Tools"
  3. "Von Textgenerierung bis Sprachanalyse: Welches Tool bietet das größte Potenzial für Kommunikationsprofis?"
  4. "Arbeitserleichterung durch generative KI: Eine Analyse der besten Tools auf dem Markt"
  5. "Kommunikationsberatung im digitalen Zeitalter: Wie generative KI-Tools den Workflow revolutionieren können"

 

Damit können wir doch arbeiten. Was du allerdings nicht bekommst: etwas wirklich Neues oder Eigenständiges. Die Ergebnisse sind in der Regel etwas zu generisch und überpositiv, um sie direkt zu nutzen. Ich habe ChatGPT gebeten, den oben im Prompt angerissenen Blogpost zu schreiben. Das war der Einstieg:

Quelle: ChatGPT

Hättet ihr weitergelesen? Nein, ich auch nicht. Deshalb gleich zum Fazit des Blogbeitrags von ChatGPT: „Mit weiteren Fortschritten in der Generative-KI werden wir zweifellos noch erstaunlichere Anwendungen und Innovationen erleben. Seien Sie gespannt auf die aufregende Zukunft der Generative-KI-Tools!“
Danke, reicht.

ChatGPT – Vorteile und Nachteile für Kommunikatoren

Vorteile von ChatGPT

  • Kann Ideen für Texte liefern und Gliederungen oder Überschriften als Grundlage erstellen
  • Kann große Datenmengen verarbeiten, zum Beispiel lange Texte zusammenzufassen
  • Kann einfache textbasierte Aufgaben erledigen

 

Nachteile von ChatGPT

  • Hat weder Quellenangaben noch eine Plausibilitätsprüfung für seine Ergebnisse. „Halluzinationen“, also falsche Informationen, kommen regelmäßig vor.
  • Hat bei der Texterstellung grundsätzlich einen überpositiven Tenor – alles ist super und innovativ
  • Kann in den Trainingsdaten verankerte Vorurteile nicht erkennen
  • Kann den Schutz sensibler Daten nicht sicherstellen

DeepL – Der Textexperte

Viele schätzen DeepL sehr als Übersetzungstool. In 31 Sprachen lassen sich hier in der kostenlosen Version kurze Texte in solider Qualität erstellen. Als Grundlage funktionieren die üblicherweise wirklich gut. Zudem bietet das Glossar die Möglichkeit, eigene Übersetzungen für bestimmte Begriffe vorzugeben, was insbesondere bei Fachbegriffen oder unternehmensspezifischen Ausdrücken sinnvoll ist.

Was weniger bekannt ist: Die DeepL-KI kann mehr als das. DeepL Write hat Funktionen, mit denen ihr Stil, Rechtschreibung und Grammatik von Texten verbessern könnt. Ihr könnt also beispielsweise gleich einmal die manchmal etwas hölzernen Erst-Übersetzungen nehmen und testen, ob DeepL Write den Text auf ein höheres Niveau heben kann.
 

Bei deepL klingt dieser Absatz nach dem Check so: „Weniger bekannt ist, dass die DeepL-KI noch mehr kann. DeepL Write verfügt über Funktionen, mit denen sich Stil, Rechtschreibung und Grammatik von Texten verbessern lassen. Ihr könnt also z.B. die ersten, manchmal etwas hölzernen Übersetzungen nehmen und testen, ob DeepL Write den Text auf ein höheres Niveau heben kann.“

Nicht schlecht, oder? DeepL Write ist unter anderem für deutsche und englische Texte verfügbar und hat selbst in der freien Version keine größeren Nutzungseinschränkungen. Das Tool zeigt Fehler im Text auf und schlägt auf Wunsch Synonyme vor. Der Clou: Ihr könnt auswählen, ob der gewünschte Text einfaches, geschäftliches, akademisches oder technisches Niveau haben soll. Hier lohnt sich auf jeden Fall, ein wenig mit dem Tool zu spielen, etwa um E-Mails zu formulieren oder eine Gliederung zu schreiben. So könnt ihr einem Text eine Politur verleihen oder wenigstens kreative Anstöße erhalten. Aus Stroh Gold spinnen kann natürlich auch DeepL Write nicht.

DeepL  Write – Vorteile und Nachteile für PR-Profis

Vorteile von deepL Write

  • Kann in diversen Sprachen Texte auf Stil, Grammatik und Rechtschreibung prüfen
  • Ist intuitiv in der Handhabung
  • Bietet die Möglichkeit, Texte auf unterschiedlichem Niveau zu prüfen

 

Nachteile von deepL Write

  • Ist ein spezialisiertes Tool und bietet daher nur eingeschränkte Funktionalität

Jenni AI – Der Allrounder

Anders als ChatGPT und DeepL fliegt Jenni AI häufig noch unter dem Radar. Und das völlig zu Unrecht. Das Tool selbst ist kostenlos, erfordert aber eine Anmeldung, z.B. via Google-Account. Die Benutzeroberfläche kann im ersten Moment etwas überfordern, sie ist komplexer als bei den vorgenannten Anwendungen. Habt ihr euch allerdings erst einmal zurechtgefunden, entfaltet Jenni AI seine volle Wirkung. Und die ist so gut, dass Patrick Bernau das Tool in seiner oben genannten Liste als „scary“ bezeichnet.

Anhand eines kurzen Prompts kann Jenni AI beispielsweise eine Struktur für einen Text entwerfen, eine bestehende überprüfen und mit Gegenvorschlägen versehen – oder gleich den ganzen Text schreiben. Ihr möchtet einen Text sprachlich prüfen, paraphrasieren, vereinfachen, kürzen oder um technische Tiefe ergänzen? Kein Problem!

Deutsch und Englisch funktionieren hier gleich gut. Eine Übersetzungsfunktion ist ebenfalls eingebaut – die Ergebnisse lesen sich allerdings etwas unnatürlich. Eine KI-Autoergänzung hilft, wenn man einmal bei einem Satz steckenbleibt. Nutzt man Zitate in seinem Text, kann man diese automatisiert nach diversen wissenschaftlichen Standards kenntlich machen. Sogar PDFs sind als direkter Input für Zitate möglich. Hat man verstanden, wie Jenni AI funktioniert, mutiert das Tool zu einem echten Effizienzmonster.

Quelle: Jenni AI

Um mal einen direkten Vergleich zu ermöglichen: Diesen Einstieg hat Jenni für diesen Blogbeitrag vorgeschlagen: „Als Kommunikationsprofis sind wir ständig auf der Suche nach neuen Tools und Technologien, die uns dabei unterstützen, unsere tägliche Arbeit effizienter und erfolgreicher zu gestalten. Eine aufstrebende Technologie, die in diesem Bereich immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist die Künstliche Intelligenz. Künstliche Intelligenz ermöglicht es uns, Prozesse zu automatisieren, Vorhersagemodelle zu erstellen, Logistikabläufe zu optimieren und Entscheidungsfindungen zu unterstützen“
 

Mit minimalen Änderungen hätte ich den verwenden können, ohne mit der Wimper zu zucken.

Jenni AI – Vorteile und Nachteile für den Einsatz in PR-Agenturen

Vorteile von Jenni AI

  • Kann anhand kurzer Prompts in diversen Sprachen Gliederungen, Strukturen und Texte auf hohem Niveau entwerfen
  • Bietet die Möglichkeit, Texte in unterschiedlichen Stilen zu erstellen
  • Bietet die Möglichkeit, Zitate und Quellenangaben einzubauen

 

Nachteile von Jenni AI

  • Ist recht komplex in den Möglichkeiten – benötigt daher eine Eingewöhnungs- und Anlernphase
  • Die Übersetzungen sind mitunter holprig – deshalb ist es sinnvoll, innerhalb einer Sprache zu arbeiten

Wem helfen KI -Tools im Arbeitsalltag – und wie?

Generative KI kann deutlich mehr als lustige Bilder und schlechte Witze erstellen. So können beispielsweise die drei getesteten Anwendungen Kommunikatorinnen und PR-Profis durchaus den Arbeitsalltag erleichtern. Sie helfen dabei, Aufgaben schneller und effizienter zu erledigen – insbesondere, wenn der eigene Kopf gerade leer ist. Wichtig zu beachten: Technik ist kein Allheilmittel und die Ergebnisse von maschinell erstellten Texten solltest du niemals ungeprüft verwenden. Das Urheberrecht ist nach wie vor nicht geklärt, mit jedem Text, den du unverändert benutzt, bewegst du dich also in einer rechtlichen Grauzone.
 

Mein Fazit: Der Bedarf an menschlichen Profis für Text und Sprache wird so schnell nicht verschwinden. KI-Tools können mitunter gute Unterstützung bieten, für hochwertige Texte verlasse ich mich aber auf mein Sprachgefühl und die Expertise meiner Kolleg:innen.

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